
Roberto De Lapuente hat Dr. Bernd Hontschik zu den Plänen der FDP befragt.
De Lapuente: Herr Hontschik, bislang war es so, dass ein potenzieller Organspender hirntot sein musste, damit man ihm Organe entnehmen konnte. Die FDP plant nun eine Modifikation: Nicht der Hirntod soll demnach Maßgabe sein, sondern der Herz-Kreislauf-Stillstand, der sogenannte Herztod. Die Liberalen erklären nun, dass Hirntod und Herz-Kreislauf-Stillstand gleichbedeutend seien. Darf ich als medizinischer Laie davon ausgehen, dass die FDP das richtig einschätzt?
Hontschik: Nein, davon dürfen Sie als medizinischer Laie nicht ausgehen. Ich sehe auch nicht, dass der Vorstoß der FDP den Hirntod und den Herz-Kreislauf-Stillstand als gleichbedeutend hinstellt. Darum geht es auch gar nicht. In Deutschland ist die Zahl derer, die ihre Organe für eine Transplantation zur Verfügung stellen, seit vielen Jahren deutlich niedriger als die Zahl derer, die – schwerkrank – auf ein Organ warten, das transplantiert werden kann. Und nun wird ja nicht offen und ehrlich argumentiert: Wenn man tot ist, kann man keine Organe mehr entnehmen. Tot ist tot. Tote Organe sind unbrauchbar, eben tot. Also muss man sozusagen Vorstufen des Todes erfinden. Der Hirntod war eine erste solche Erfindung. Und weil die Feststellung des Hirntodes so wahnsinnig kompliziert und aufwändig ist, wird jetzt eine weitere Vorstufe des Todes hinzugezogen, das ist der Herz-Kreislauf-Stillstand. Hier geht es also nicht um Medizin oder um Wissenschaft, sondern nur um Organbeschaffung.
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https://overton-magazin.de/dialog/als-arzt-laeuft-es-mir-kalt-den-ruecken-hinunter/