…doch nach wenigen Stunden ist die Seite nicht mehr auffindbar. Offensichtlich soll weiterhin politisch das Thema Impfschaden totgeschwiegen werden und der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist mittendrin.
Um größeren Schaden zu verhindern, veröffentlichen wir an dieser Stelle eine im archive.ph gespeicherte Version zur Dokumentation.
„Die Unsichtbaren“: Alleine mit Post-Vac nach der Corona-Impfung
Ramona Lautenschlager aus Velburg in der Oberpfalz leidet am Post-Vac-Syndrom. Seit ihrer dritten Corona-Impfung hat sich ihr Leben schlagartig verändert. In einer Statistik taucht die junge Frau nicht auf, Tausende teilen ihr Schicksal.
Über dieses Thema berichtete Abendschau am 25.09.2023 um 18:00 Uhr.
Ramona Lautenschlager sitzt auf dem Bett ihres Kinderzimmers und blättert in einem Fotoalbum. Schöne Erinnerungen an den letzten Urlaub 2020 in Venedig. „Da hatte ich noch meine 60 Kilo“, sagt die 28-Jährige. Seitdem hat sich viel verändert. Ramona ist 28 und lebt bei ihren Eltern in Velburg in der Oberpfalz. Wieder. Denn einen eigenen Haushalt kann sie nicht mehr führen, ihr fehlt die Kraft.
Gesundheitliche Beschwerden nach Booster-Impfung
Nach ihrer dritten Corona-Impfung Ende 2021 geht es der jungen Frau gesundheitlich immer schlechter. „Es ging schleichend los“, sagt sie, „mit Kreislauf und Schwindel, bei Spaziergängen musste ich abbrechen, bin auch zusammengebrochen. Ich wurde immer schwächer, das wurde alles immer schlimmer, ich war total erschöpft, einfach null belastbar.“
Wenn im Alltag die Kraft fehlt
Nach einem kräftezehrenden Ärztemarathon bekommt sie schließlich die Diagnose: Post-Vac-Syndrom. Herzbeschwerden, Gewichtsverlust und chronische Erschöpfung sind nur einige Symptome, die Ramona Lautenschlager seit der Booster-Impfung tagtäglich begleiten. Jeden Morgen stellt sie sich dieselben Fragen: „Was machen die Symptome? Was kann ich machen? Kann ich meine Schwester besuchen und meine Nichte? Geht’s nicht? Eigentlich nur in den Tag hineinleben und schauen, was geht, was geht nicht? Und meistens geht einfach nichts.“
Bildrechte: BR24 / Florian Deglmann
Der Ordner mit Arztbriefen ist voll: Ramona Lautenschlager leidet am Post-Vac-Syndrom.
Gesundheitsministerium: Post-Vac-Patienten werden nicht erfasst
Ramona Lautenschlager ist kein Einzelfall. Täglich tauscht sie sich – vor allem online – mit Betroffenen aus, die nach der Corona-Impfung mit zum Teil schweren gesundheitlichen Problemen zu kämpfen haben. Die Symptome sind vergleichbar mit denen von Long-Covid-Patienten. Die Ursache ist jedoch nicht die Infektion.
In Statistiken tauchen Post-Vac-Patienten nicht auf. Schätzungen zufolge bekommt jeder beziehungsweise jede Zehnte in Deutschland Long Covid. Vom Bundesgesundheitsministerium heißt es, der Begriff „Post-Vac-Syndrom“ stelle bislang keine medizinisch definierte Bezeichnung einer Erkrankung dar. „Daher ist es momentan nicht möglich, eine Aussage darüber zu treffen, wie viele Personen unter Beschwerden leiden, die unter dem Begriff ‚Post-Vac-Syndrom‘ zusammengefasst werden können.“
Betroffene fühlen sich im Stich gelassen
Demnach sind Post-Vac-Patienten in Deutschland schlichtweg unsichtbar. Ein weiterer Punkt, der Ramona Lautenschlager zu schaffen macht. „Man fühlt sich einfach alleingelassen. Man lässt sich ja auch aus Solidarität anderen gegenüber impfen. Und dann steht man allein da und keiner hilft einem.“ Anlaufstellen speziell für Post-Vac-Patienten gibt es in Bayern keine. Krankenhäuser wie zum Beispiel die Uniklinik Erlangen haben ein Post-Covid-Zentrum. Hier geht es vordergründig um die Behandlung und Erforschung von Long beziehungsweise Post Covid. Die Wartezeiten sind lang.
Post-Covid-Ambulanz in Marburg erste Anlaufstelle
Allerdings nicht so lang wie in der Post-Covid-Ambulanz des Universitätsklinikums Marburg, das sowohl bei Post-Covid- als auch Post-Vac-Betroffenen bundesweit Anlaufstelle Nummer eins ist. Hier warten Patienten derzeit rund neun Monate auf einen Termin. Mehr als 5.000 stehen auf der Warteliste, auch Ramona Lautenschlager. Sie hofft, im Oktober endlich dran zu sein. Vor einem Jahr hat sie sich angemeldet.
Ursache Corona-Infektion oder Impfung kaum feststellbar
Geleitet wird die Ambulanz von Prof. Dr. Bernhard Schieffer. Ihm zufolge kann man mittlerweile nicht mehr feststellen, wer aufgrund einer Corona-Infektion oder einer Impfung Post-Covid-Symptome entwickelt. „Wir sind in Deutschland mittlerweile durchseucht, das kann man nicht mehr unterscheiden“, sagt Schieffer im Gespräch mit dem BR.
Nicht allen kann geholfen werden
Er betont: „Es ist mir aber auch egal, für mich ist es wichtig, die Leute zu behandeln und ihnen zu helfen, wieder ins Leben zurückzukehren.“ Bei etwa 80 bis 85 Prozent habe er Erfolg. „Der Rest, das muss man leider so deutlich sagen, entgleitet uns. Das sind vor allem Menschen, bei denen die Erkrankung schon zu weit fortgeschritten ist.“
Ramona Lautenschlager hofft, dass sie zu den 80 Prozent gehört. „Ich will einfach nur mein altes Leben wieder haben, arbeiten, Freunde treffen. Ich wäre schon dankbar, wenn ich 70 Prozent meiner Gesundheit zurück hätte.“ Gerade ihre Herzprobleme machen ihr Sorgen. „Man kennt ja Patienten mit Herzmuskelentzündung. Die ist bei mir sehr hartnäckig. Ich habe Angst, deswegen nicht besonders alt zu werden.“
Post-Vac-Patientin, aber keine Impfgegnerin
Dem Impfen steht sie weiterhin grundsätzlich positiv gegenüber: „Ich bin wirklich fürs Impfen, nach wie vor, bei der Corona-Impfung würde ich mir keine mehr geben lassen, das ist Fakt, aber ansonsten, ich hab vier Wochen vorher noch die Tetanus-Auffrischimpfung bekommen und ich wollte 2020 nach Afrika fliegen und habe mich da gekümmert, dass meine ganzen Impfstoffe passen.“ Von Schwurblern und Impfgegnern will sie sich nicht instrumentalisieren lassen, sagt sie. „Da bekommt man manchmal echt schräge Nachrichten. Ich lösch das dann einfach.“
Forschung kommt nur schleppend voran
Die 28-Jährige wünscht sich, dass Deutschland mehr für die Erforschung von Post Vac und Post Covid tun würde. „Viel zu langsam“, lautet das ernüchternde Fazit von Professor Schieffer zu den deutschen Forschungsbemühungen. „In den USA wurden da schon 2,5 Milliarden investiert“, sagt er.
Mitte Juli hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die BMG-Initiative für bessere Versorgungsangebote und Informationen für Long-/Post-Covid-Erkrankte vorgestellt. „Die Ursache für die Entstehung des Erkrankungsbildes und die zugrundeliegenden Mechanismen sind bisher nicht bekannt. Dies gilt auch für den Symptomenkomplex des sogenannten ‚Post-Vac-Syndroms'“, heißt es dazu in einem Statement des Gesundheitsministeriums auf Anfrage des BR.
Lauterbach: Nur 40 statt 100 Millionen Euro für Forschung
Weiter heißt es, das Ministerium plane einen umfassenden Forschungsförderschwerpunkt zur Versorgung von Long-/Post-Covid mit einem Fokus auf Modellprojekten. Es sei davon auszugehen, dass von diesem Förderschwerpunkt auch Menschen mit länger andauernden Beschwerden (Long-Covid-ähnlichen Symptomen) im zeitlichen Zusammenhang mit einer Covid-19-Impfung, also Post-Vac-Patienten, profitieren werden.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Ursprünglich wollte Karl Lauterbach 100 Millionen Euro für diese Forschung zur Verfügung stellen. Bislang stehen allerdings nur 40 Millionen Euro zur Verfügung. Es gebe bereits wachsende Erkenntnisse zu Long Covid, was aber noch fehle sei eine Therapie. Post-Vac-Patienten werden in diesem Zusammenhang nicht explizit erwähnt.
Blutwäsche als Therapie? Medizinische Studien fehlen
Ramona Lautenschlager bekommt gegen ihre Symptome eine ganze Palette Medikamente. Schmerzen hat sie dennoch rund um die Uhr, vor allem im Brustkorb. Im Februar und März 2023 hat sie auf eigene Kosten vier Blutwäschen durchführen lassen. Knapp 10.000 Euro kostete das die junge Frau, die in der Verwaltung eines Krankenhauses arbeitete. Seit mehr als einem Jahr ist sie arbeitsunfähig. Gegen die chronische Erschöpfung haben die Blutwäschen, zumindest vorübergehend, geholfen. Doch die Anwendung ist noch nicht genug erforscht, hier fehlen noch medizinische Studien. Solange zahlt auch die Krankenkasse nicht für die Behandlung. Ramona Lautenschlager ist selbst Teil einer Testgruppe und erhofft sich schnelle Erkenntnisse.
Für Professor Bernhard Schieffer von der Uniklinik sind Beispiele wie das von Ramona Lautenschlager alarmierend. „Wir wissen schlichtweg nicht, warum es gerade auch so viele junge Frauen erwischt. (…) Für Betroffene kann das Leben zur Hölle werden.“ Er habe schon viele Schicksale in Zusammenhang mit Post Covid miterlebt. In den vergangenen Jahren sei zudem die Mortalitätsrate bei den 30- bis 40-Jährigen um etwa zehn Prozent gestiegen. „Das ist nicht normal“, sagt Schieffer.
Post Covid zu häufig von Hausärzten ignoriert
Ein Problem ist laut dem Leiter der Post-Covid-Ambulanz, das Betroffenen häufig zu spät geholfen wird. Gerade Menschen mit ME/CFS, dem chronischen Erschöpfungssyndrom, hätten ein Problem damit, ernstgenommen zu werden. Dabei sei ME/CFS häufig eine Folge von Post Covid. „Wir dürfen solche Krankheiten nicht in die Schmuddelecke stellen, sondern müssen uns ernsthaft damit befassen. Viele Patienten absolvieren einen Ärztemarathon, bei dem Kollegen psychosomatische Gründe vorschieben, anstatt richtig hinzuschauen.“ Warum die Warteliste in Marburg so lang ist? „Wir nehmen die Menschen ernst und wollen ihnen helfen, deswegen kommen sie zu uns“, resümiert Schieffer.
Post-Covid-Ambulanz: Nachfrage wird weiter steigen
Auch in diesem Winter werde es wieder zahlreiche Corona-Erkrankungen geben. „Wir sollten eigentlich wieder Maske tragen beziehungsweise machen das im Klinikum zum Teil auch.“ Er gehe fest davon aus, dass die Anfragen für die Marburger Post-Covid-Ambulanz in den kommenden Wochen und Monaten immer weiter ansteigen werden.