Wegen eines angeblich falschen Maskenattests wurde gegen die Mandantin der Heidelberger Anwältin Beate Bahner ein Strafbefehl in Höhe von 3.000 Euro erlassen. Nach der Beweisaufnahme am 31. Januar beantragte selbst die Staatsanwaltschaft schließlich Freispruch.

https://www.epochtimes.de/politik/deutschland/amtsgericht-weist-verdacht-eines-falschen-maskenattests-zurueck-a3706753.html

Kommentar:

Ich war zusammen mit Jakob Gerstheimer vor Ort und schaute mir den Prozess an. Durch Vorlage eines Attests und eines Presseausweises war ich vom Tragen der Maske befreit und kam so ohne Maske in das Gerichtsgebäude und in den Gerichtssaal. Während ich mich im Gebäude frei bewegen durfte, galt im Gerichtssaal die Maskenbefreiung nur, wenn ich mich sofort auf meinen Sitzplatz begab. Andere Zuschauer mit Maskenattest mussten die Maske außerhalb des Verhandlungssaals tragen, warum war nicht ersichtlich.

Der Gerichtsaal, ein sehr großer, durchweg kühl gestalteter Raum mit schlecht verlegtem, weißlichem Kunstholz-Parkett, war links und rechts mit Schreibtischen versehen, die quer zum Richterpodest standen und jeweils eine Plexiglas-Abtrennung als Option hatten, die nach Wunsch die daran sitzenden physisch voneinander trennte. Ein Tisch für Zeugen stand raummittig parallel zum Richterpodest und hatte eine sehr große Plexiglas-Abtrennung frontal zur knapp sieben Meter entfernten und ein Meter erhöht sitzenden Richterin, die selbst – überthront vom leicht schief hängenden Landeswappen – wiederum hinter einer sehr hohen uneinnehmbaren Glasvitrine verschanzt und mit FFP2 Maske ausgestattet schier unangreifbar für sämtliche Viren, ob nun Sars-Cov-1, 2 oder 3, war. Hinten, eingerahmt durch am Boden schlecht verklebte rot-weiß gestreifte Klebeband-Quadrate, standen in großzügigem Abstand vier Stühle für Zuschauer, jeweils ohne Trennscheiben. Rechts und links im Raum befand sich jeweils ein Stuhl, den sich sieben müde Justizbeamte abwechselnd teilten.

Die sehr fürsorgliche, jedoch durch FFP2-Maske und Abtrennungen schlecht verständliche Richterin wies zu Beginn des Prozesses Frau Bahner und die Angeklagte an, eine zugeklappte Trennscheibe zu öffnen, die beide sodann physisch trennte, um so eine mögliche Ansteckung von Frau Bahner durch die Angeklagte oder umgekehrt die Angeklagte vor Ansteckung durch Frau Bahner zu schützen. Das war sehr nett. Staatsanwalt und Sachverständiger mochte die Richterin anscheinend nicht so gerne, denn diese blieben ohne diese Anweisung und so die ganze Zeit über ungeschützt dem potentiellen Feind Virus ausgeliefert. Es bleibt zu hoffen, dass sie sich im Prozess nicht gegenseitig angesteckt hatten.

Die Richterin, dunkles gelocktes Haar, modern gekleidet mit halbhohen Absätzen, veranlasste gefühlt im 5-Minuten Takt Lüftungspausen, in denen wir uns teilweise auch außerhalb des Gerichtssaals aufhielten. Jedes Mal wurden wir vor dem Einritt zurück in den Saal durch die anwesenden Justizbeamten durchsucht, als wären wir Schwerverbrecher. Die Beamten waren (fast alle) nett, aber selbst Hosengürtel wurden uns abgenommen. Dr. Weber (77 Jahre), als Zeuge geladen, konnte deshalb im Saal nicht aufstehen, weil ihm permanent die Hose rutschte. Das war schon grenzwertig, gar entwürdigend und aus meiner Sicht ein – wenn auch kleiner – Verstoß gegen das GG Art. 1.

Ärgerlich an dem Prozess und aus meiner Sicht nicht zu rechtfertigen war, dass intimste Erlebnisse der Angeklagten aus ihren Kindheitszeiten thematisiert wurden, die die Angeklagte sichtlich emotional bewegten und sie nicht darüber sprechen konnte. Aufgrund eines angezweifelten Maskenattests, in Zeiten, wo man sich problemlos telefonisch krankschreiben lassen durfte. Feingefühl Fehlanzeige. Dass die Angeklagte sich vor aller Öffentlichkeit sodann auch noch in ihren finanziellen Belangen entbößen musste, schlug dem Fass den Boden aus. Dies zu einem Zeitpunkt, wo der Richterin schon längst klar sein durfte, dass das ganze auf einen Freispruch hinaus läuft.

Zur Urteilsverkündung forderte die Richterin die Anwesenden auf, sich zu erheben. Ich hatte damit so meine Schwierigkeiten, fällt es nach zwei Jahren Hoffen auf vernünftige Gerichtsentscheidungen doch schwer, einem deutschen Gericht noch Respekt zu zollen. Einem Justizbeamten behagte mein Sitzenbleiben gar nicht und er nötigte mich zum Aufstehen. Ich hätte zwar eine Befreiung für das Tragen einer Maske, aber nicht zum Sitzenbleiben, so der Beamte. Ärgerlich, dass ich nicht standhaft geblieben bin, aber ich wollte auch keine Unruhe in den Prozess bringen. Auf die spätere Frage nach der rechtlichen Grundlage seines Handelns, war der Justizbeamte überfragt und er bediente sich an dem vermuteten, aber letztlich doch nicht vorhandenen Wissen von Staatsanwalt und Richterin. Denn auch dort konnte man die rechtliche Grundlage für den „Aufstehzwang“ nicht darlegen.

Stephan Roth

Passend

Auszug:
Warum muss man eigentlich bei Gericht aufstehen?

Eine gesetzliche Vorschrift, die das Aufstehen im Gerichtssaal regelt, gibt es übrigens nicht. Dass in bestimmten Situationen der Angeklagte aufstehen muss ergibt sich übrigens aus Nr. 124 Abs. 2 S. 2 der Richtlinien für Strafverfahren und Bußgeldverfahren (RiStBV). Die Gerichte sind zwar an diese Vorgaben nicht gebunden. Sie werden aber von der Rechtsprechung letztlich übernommen.

Dass man es mit den Förmlichkeiten nicht übertreiben muss, verdeutlicht wiederum ein Beschluss des OLG Karlsruhe vom 05.01.2015 (2 Ws 448/14). Dort war einem Angeklagten die Verhängung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 200 €, ersatzweise 2 Tage Ordnungshaft, angedroht wurden, der sich nach einer Sitzungsunterbrechung nicht erhoben hatte. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde hatte dann allerdings Erfolg, weil – so die Richter – die Fortsetzung der Verhandlungen nach einer Pause keinen besonderen Verfahrensabschnitt darstellt, der einer Verdeutlichung durch die äußere Form des aufstehen der im Sitzungssaal Anwesenden bedarf.

Auch ohne entsprechende Richtlinien sollte auch im Zivilprozess aufgestanden werden, weil auch dort im Sitzenbleiben ein ungebührliches, unangemessenes Verhalten im Sinne von § 178 GVG gesehen werden könnte, mit der Folge, dass ein Ordnungsgeld verhängt wird.

Mit dem Aufstehen wird übrigens nicht Respekt gegenüber dem einzelnen Richter bekundet, sondern dem Richteramt als solchem, was manchmal verkannt wird.